Lange schon war die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage, wie lange ein Arbeitnehmer nicht zuvor bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sein durfte, um danach wieder mit diesem Arbeitgeber einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz wirksam eingehen zu können, hoch umstritten. Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht Klarheit gebracht.
Dem Wortlaut des Gesetzes folgend hatte zunächst das Bundesarbeitsgericht geurteilt, dass es keine zeitliche Grenze der Zuvor-Beschäftigung gebe, damit also jede frühere Beschäftigung des Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber hemmend für den Abschluss eines Sachgrund los befristeten Vertrages war. Jede spätere sachgrundlose Befristung sei gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 6. November 2003 – 2 AZR 690/02 -, BAGE 108, 269 <274>; Urteil vom 13. Mai 2004 – 2 AZR 426/03 -, juris, Rn. 28; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 7 AZN 368/09 -, www.bag.de, Rn. 2).
Umso erstaunter war dann die interessierte Öffentlichkeit, als das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung änderte und seitdem davon ausging, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegensteht, wenn ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis mehr als 3 Jahre zurückliegt (vgl. BAG, Urteil vom 6. April 2011 – 7 AZR 716/09 -, BAGE 137, 275 <278 ff. Rn. 16 ff.>; Urteil vom 21. September 2011 – 7 AZR 375/10 -, BAGE 139, 213 <219 ff. Rn. 23 ff.>).
Dieses Urteil hat zu Recht von allen Seiten Kritik erfahren, welche letztlich darin gipfelte, dass das Arbeitsgericht Braunschweig zu der Frage, ob diese Entscheidung noch verfassungsgemäß sei, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anrief.
Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr grundsätzlich festgestellt, dass es dem Gesetzgeber möglich ist, Regelungen zum Abschluss von sachgrundlos befristeten Verträgen zu treffen. Da solche Regelungen jedoch sowohl die Arbeitnehmer in ihrer Berufsausübungsfreiheit als auch die Arbeitgeber in der Freiheit der Ausübung ihres Eigentumsrechts beschränken, sind die gesetzlichen Regelungen an strenge verfassungsrechtliche Vorgaben zu knüpfen. Das vorlegende Gericht geht mit seiner Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG davon aus, dass nach der derzeitigen Ausgestaltung des Arbeitsrechts die unbefristete Beschäftigung der Regelfall sein soll und eine Befristung aus einem Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG die Ausnahme darstellt. Darüber hinaus ermöglicht § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG eine sachgrundlose Befristung. Die Regelung dient den Flexibilisierungsinteressen der Arbeitgeber, denn sie soll Unternehmen ermöglichen, auf eine unsichere, schwankende Auftragslage und wechselnde Marktbedingungen durch Neueinstellungen flexibel zu reagieren und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern (vgl. BTDrucks 14/4374, S. 13 f.). Im Konkreten war jedoch die Auslegung des § 14. Abs. 2 S. 2 TzBfG durch das Bundesarbeitsgericht insoweit zuletzt nicht mit Verfassung in Übereinstimmung zu bringen.
Einschränkung der sachgrundlosen Befristung soll eine für die soziale Absicherung der Beschäftigten wichtige unbefristete Dauerbeschäftigung als Regelbeschäftigungsform im Normalfall sichern (vgl. BTDrucks 14/4374, S. 12). Sachgrundlose Befristungen werden nur als Ausnahme bei einer Neueinstellung gestattet (BTDrucks 14/4374, S. 2). Die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ordnet hier die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interessen der um einen Arbeitsplatz konkurrierenden Beschäftigten und der an Flexibilität interessierten Arbeitgeber im Interesse eines sozialen Ausgleichs; die Beschränkung der sachgrundlosen Befristung auf Fälle der erstmaligen Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem jeweiligen Arbeitgeber soll diesen veranlassen, „den Arbeitnehmer entweder unbefristet weiter zu beschäftigen oder bei weiterhin bestehendem nur vorübergehendem Arbeitskräftebedarf einen anderen Arbeitnehmer befristet einzustellen“ (BTDrucks 14/4374, S. 14). Demgegenüber soll die sachgrundlose Befristung den Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen und zugleich eine Brücke zur Dauerbeschäftigung bauen (vgl. BTDrucks 14/4374, S. 14). Das Ziel der Beschäftigungsförderung ist durch das Sozialstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG mit Verfassungsrang ausgestattet (vgl. BVerfGE 116, 202 <223>) und Teil des in Art. 109 Abs. 2 GG verankerten gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (vgl. BVerfGE 100, 271 <285>).
Unter Abwägung dieser Güter von Verfassungsrang ist das Gericht einerseits zu der Auffassung gelangt, dass einerseits sachgrundlose BEfristungen grundsätzlich zulässig sind. Andererseits hat es jedoch die weitergehende Rechtsprechung des BAG bezüglich der Begrenzung des zeitlichen Betrachtungsrahmens des Verbots der Zuvor-Beschäftigung auf 3 Jahre für verfassungswidrig erklärt. Das Bundesarbeitsgericht ersetze die in der Abwägung zwischen den Interessen der Arbeitssuchenden mit Vorbeschäftigung und dem Interesse an sozialer Sicherung durch Erwerbsarbeit zugunsten letzterer getroffene Entscheidung des Gesetzgebers durch eine eigene, gegenläufige Entscheidung. Eine Karenzzeit von drei Jahren ist für sich genommen auch kein geeignetes Mittel, um unzumutbare Beeinträchtigungen der betroffenen Grundrechtspositionen zielgerichtet zu vermeiden. Richterliche Rechtsfortbildung darf den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen.
Fazit: Die Voraussetzungen für eine wirksame sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist das Fehlen jeder Zuvor-Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber als Arbeitnehmer. Jede spätere sachgrundlose Befristung ist (wieder) gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam. Wollen sich Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit einer Befristungsabrede berufen, muss dies unter Berücksichtigung der Frist des § 17 Teilzeit- und Befristungsgesetz spätestens 3 Wochen nach Befristungsende oder Zweckerreichung im Wege einer Klageerhebung beim Arbeitsgericht erfolgen.
Andreas Dittmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht