Allgemeine Klauseln sind nicht mehr zulässig
19. Oktober 2002 - Andreas Dittmann
Neue Rechtsprechung zur Vertragsstrafe
Das Bundesarbeitgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass gegen Vertragsstrafenklauseln zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts einzuwenden sei. Die Umsetzung fand in der Regel durch die Verwendung Allgemeiner Vertrags- oder Geschäftsbedingungen (AGB) statt. Hintergrund dieser Auffassung war das berechtigte Interesse des Arbeitgebers, die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Pflichten zu sichern. Zudem konnte so eine in der sonstigen Praxis nahezu unüberwindliche Hürde, nämlich die Darlegung eines konkreten Schadens durch den Arbeitgeber bei einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, ausgeräumt werden. Insbesondere bei vorzeitiger Kündigung oder Nichtantritt von bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen hatte sonst der Arbeitgeber keine wirksame Handhabe gegen den vertragsbrüchigen Mitarbeiter.
Grundlage entzogen
Dieser Möglichkeit ist mit der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Reform des BGB die wesentliche gesetzliche Grundlage durch die Neufassung der §§ 305 ff. entzogen worden. Der Wegfall bezieht sich aber ausdrücklich nur auf Vertragsstrafenabreden, welche als AGB im Vertrag enthalten sind oder in Bezug genommen werden. Entscheidend ist, ob die Klausel einseitig vom Arbeitgeber vorgegeben und auf eine Vielzahl von Verträgen angewendet wird. Gemäß § 309 Nr. 6 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich von dem Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird. Zwar besteht inzwischen in der unterinstanzlichen Rechtsprechung und überwiegenden Literatur Einigkeit, dass ein Arbeitnehmer nicht „Verbraucher“ im Sinne des Gesetzes ist, so dass die §§ 305 ff. BGB nicht per se auf Arbeitsverträge anwendbar sind. Jedoch hat der Gesetzgeber in § 310 Abs. 4 S. 2 BGB ein Einfallstor für die Überprüfbarkeit von Arbeitsverträgen eingebaut. Demnach sind bei der Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Nach den jetzt vorliegenden ersten Urteilen verschiedener Arbeits- und Landesarbeitsgerichte zeichnet sich die Tendenz ab, dass die bloße Beweisschwierigkeit des Arbeitgebers für die Konkretisierung von Schäden oder die mangelnde Vollstreckbarkeit der Erbringung von Arbeitsleistung keine „Besonderheit des Arbeitsrechts“ ist. Die alte Rechtsprechung des BAG hat aber nach wie vor Bestand, soweit es sich um individuell ausgehandelte und vereinbarte Abreden handelt, da dann AGB gerade nicht vorliegen. Allein die Abgabe einer Erklärung, dass alle Regelungen im Vertrag nach diesen Grundsätzen vereinbart worden seien, genügt nicht. Als Indiz für das Vorliegen einer Individualvereinbarung gelten beispielsweise handschriftliche Änderungen in einem vorformulierten Text.