Betrieb verkauft: Gilt der Tarifvertrag weiter?

Arbeitsverträge beinhalten die wesentlichen Punkte des Arbeitsverhältnisses. Sie können durch Regelungen, wie Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge ergänzt oder sogar abgeändert werden. Eine tarifvertragliche Bindung kann dadurch begründet werden, dass der einzelne Vertrag darauf Bezug nimmt oder beide Seiten zu den Tarifvertragsparteien gehören. Bei einem Betriebsübergang tritt der Käufer in das bestehende Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers ein. Er übernimmt damit grundsätzlich auch die das Arbeitsverhältnis mit prägenden Regelungen von außen wie etwa solche, die von Gewerkschaften für die Branche ausgehandelt wurden.Ist der neue Arbeitgeber aber nicht tarifgebunden, kommt der Tarifvertrag nicht unmittelbar zur Anwendung. Vielmehr muss er die Regelung daraus als individuelle arbeitsvertragliche Vorschriften beachten. Ein Tarifvertrag findet aber dann kraft gesetzlicher Bindungswirkung unmittelbar zwingende Anwendung, wenn beide Seiten Mitglied der einen Tarifvertrag schließenden Verbände oder Gewerkschaften sind.Ist der Käufer dagegen selbst tarifgebunden oder wird er es nach dem Übergang, gilt der neue Tarifvertrag unmittelbar und ersetzt den bis dahin gültigen sofort. Dies gilt auch dann, wenn der neue Tarifvertrag für die Arbeitnehmer schlechter ist. Insoweit findet das arbeitsrechtliche Günstigkeitsprinzip keine Anwendung. Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen: 4 AZR 315/04) gilt dies auch dann, wenn die Arbeitnehmer Mitglieder einer Gewerkschaft sind, die inzwischen unter dem Dach von Verdi als Fachbereich verschmolzen ist und der neue Arbeitgeber einen Tarifvertrag eines anderen Fachbereichs von Verdi anwendet. Nach Auffassung der Richter wird durch die Verschmelzung einzelner Gewerkschaften eine beiderseitige Tarifbindung hergestellt, auch wenn vor dem Betriebsübergang der jetzige Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung fand. Verdi stellt insoweit eine einheitliche Gewerkschaft dar. Denn es gibt dort nur eine Mitgliedschaft.Fehlt eine Tarifbindung des neuen Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers werden die nicht für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge auch nicht auf das Arbeitsverhältnis angewandt.Risiko des ArbeitgebersArbeitsverträge verweisen freilich häufig auf den Inhalt von Tarifverträgen. Dabei ist zu unterscheiden, ob er nur auf den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Tarifvertrag verweist oder auf den jeweils gültigen. Dies kann durch Auslegung ermittelt werden. Dabei gehen bei Formulararbeitsverträgen eventuell bestehende Unklarheiten zu Lasten des Arbeitgebers. Es kommt auch darauf an, ob mit dem Verweis im Arbeitsvertrag der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck kommen sollte, alle Arbeitnehmer bezüglich der Arbeitsbedingungen gleichzustellen. Wenn dem so ist, führt ein Betriebsübergang zu einem Arbeitgeber mit einem anderen Tarifvertrag dazu, dass auch die Nicht-Gewerkschaftsmitglieder sofort unter den Anwendungsbereich des neuen Tarifvertrages fallen.