Bei längerer Krankheit müssen Betroffene und Chefs gemeinsam Lösungen suchen
26. November 2005 - Andreas Dittmann
Arbeitsunfähigkeit entgegenwirken
Seit dem 1. Mai des vergangenen Jahres benutzt das Gesetz den Begriff „Eingliederungsmanagement“ (Paragrafen 83 und 84 SGB IX). Er bezeichnet Verfahren zur Verhinderung oder möglichst frühzeitigen Beendigung von Arbeitsunfähigkeit sowie zur Sicherung des Arbeitsplatzes von Arbeitnehmern mit geminderter Leistungsfähigkeit. Er begründet eine Pflicht für Arbeitgeber, dieses Modell umzusetzen. Ziel ist es, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und einer neuen vorzubeugen sowie den Arbeitsplatz zu erhalten.Der Arbeitgeber muss das Eingliederungsverfahren einleiten, sobald der Arbeitnehmer in den vergangenen zwölf Monaten mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Dabei ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit dem Angestellten und dem Betriebsrat – bei schwerbehinderten Menschen auch der Schwerbehindertenvertretung – zu klären, wie der Arbeitsunfähigkeit entgegengewirkt werden kann. Erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer zustimmt. Oberstes Prinzip ist dabei das Selbstbestimmungsrecht behinderter Menschen. Dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es dem Betroffenen in jeder Phase des Verfahrens das Recht einräumt, zu intervenieren. Die Zustimmung betrifft nicht nur die Einleitung des Verfahrens, sondern ist auch bezüglich jeder in Betracht kommenden Einzelmaßnahme zu erteilen. Zudem spielt der Datenschutz eine weitaus größere Rolle als sonst. Denn sollen die im Rahmen des Eingliederungsverfahrens erfassten Daten in einem späteren Kündigungsschutzprozess verwendet werden, bedarf dies der Zustimmung des Betroffenen.Das Wiedereingliederungsverfahren braucht eine Verfahrensregelung. Diese sollte möglichst in Form einer Betriebsvereinbarung abgefasst sein. Sie beginnt mit der Art und Weise der Einleitung des Verfahrens, der Bestimmung etwaiger Ansprechpartner für den Angestellten, die Einschaltung der betrieblichen Vertretungen, die Konkretisierung von Verfahrensrechten des Betroffenen und der Betriebsvertretungen, die Rolle des Betriebs- oder Werksarztes, die Bestimmung von Korrespondenzpartnern für Servicestellen, Rehabilitationsämter und Integrationsamt sowie Mitwirkungspflichten des Betroffenen. Insbesondere den Mitwirkungspflichten sollte dabei im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht Aufmerksamkeit geschenkt werden.Voraussetzung für KündigungUmstritten ist derzeit noch, ob die Einleitung eines Wiedereingliederungsverfahrens eine zwingende Voraussetzung dafür ist, dass eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam wird. Vorsorglich sollten Arbeitgeber die Zustimmung des Betroffenen zur Verfahrenseinleitung für die Wiedereingliederung einholen, wenn er beabsichtigt ihn wegen Krankheit zu kündigen. Der Betroffene kann sie zwar verweigern, dann gelten aber die üblichen Kündigungsvoraussetzungen.Die Arbeitnehmer-Interessenvertretung muss darüber wachen, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtungen erfüllt und bei dem Eingliederungsmanagement mitwirkt. Beide Seiten können im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Durchführung des Verfahrens durchsetzen.