Abmahnung darf keine leere Drohung sein

Mit einer Abmahnung können alle verhaltensbedingten Verstöße eines Arbeitnehmers geahndet werden. Nicht aber personenbedingte Gründe, also solche, die der Arbeitnehmer nicht steuern kann, wie zum Beispiel krankheitsbedingte Fehlzeiten. Mit einer Abmahnung soll nämlich dem Arbeitnehmer deutlich gemacht werden, dass ein bestimmtes Fehlverhalten beanstandet wird, und dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist, in der Regel also bei weiterem Fehlverhalten eine Kündigung folgt. Typische Vorkommnisse, auf die mit einer Abmahnung reagiert wird, sind Verspätungen, Verstöße gegen die Anzeige- und Nachweispflicht bei Krankheit, die Beleidigung von Kollegen oder auch fehlerhafte Arbeitsergebnisse. Inhaltlich muss die Abmahnung den Ort, die Zeit und die Art des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers und die angedrohten Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis im Wiederholungsfall beschreiben. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, was ihm vorgeworfen wird, und welches Verhalten von ihm erwartet wird. Bisher hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Ausspruch von zahlreichen Abmahnungen wegen immer der gleichen Pflichtverletzung, denen keine Konsequenzen folgen, als Schwächung der Warnfunktion angesehen. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor einer Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen wirklich zu einer Kündigung führen werden. Ansonsten kann die Kündigung unwirksam sein.In einer neuen Entscheidung hat das BAG jedoch den Ausspruch einer Kündigung für möglich gehalten, auch wenn der Arbeitgeber die Kündigung jahrelang nur androht (Az.: 2 AZR 406/03). Dies lasse nicht zwingend die Warnfunktion der ausgesprochenen Abmahnungen entfallen. Zumindest drei Abmahnungen wegen leichterer Pflichtverletzungen schwächen die Warnfunktion in aller Regel nicht ab. Bei mehr als drei Abmahnungen kann allerdings eine „leere Drohung“ vorliegen, mit der Folge, dass die Abmahnungen eine verhaltensbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Zwar kann die Warnfunktion einer Abmahnung abgeschwächt werden, indem der Arbeitgeber bei wiederholten Pflichtverletzungen stets nur mit der Kündigung droht. Angesichts der im Arbeitsleben weit verbreiteten Praxis, bei leichteren Pflichtverletzungen vor einer Kündigung mehrere – häufig drei – Abmahnungen auszusprechen, kann aber nicht bereits die dritte Abmahnung als in diesem Sinne „entwertet“ angesehen werden. Das gelte selbst dann, wenn auch nach der dritten Abmahnung nicht feststeht, ob bereits auf die nächsten Pflichtverletzung eine Kündigung folgt. Nachsichtige nicht benachteiligt. Auch wenn die in einer Abmahnung enthaltene Warnung dem Arbeitnehmer die Hoffnung lässt, der Arbeitgeber werde auch beim nächsten Mal „Gnade vor Recht ergehen lassen“, so entwertet dies die Abmahnung nicht. Andernfalls würde gerade die verständig abwägenden und im Zweifel eher zur Nachsicht neigenden Arbeitgeber benachteiligt.