Der Arbeitnehmer trägt die Beweislast für die Anordnung von Zusatzarbeit
24. April 2004 - Karl
Überstunden müssen angeordnet sein
Überstunden leistet ein Arbeitnehmer dann, wenn er über die für sein Beschäftigungsverhältnis geltende regelmäßige Arbeitszeit hinaus arbeitet. Die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit richtet sich nach dem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem individuellen Arbeitsvertrag. Dieser allein berechtigt den Arbeitgeber grundsätzlich nicht, den Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden zu verpflichten. Hier kommt es auf die genaue Formulierung im Arbeitsvertrag an. Auch ein Tarifvertrag, der eine Bezahlung von Überstunden regelt, ist keine Rechtsgrundlage für die Anordnung von Überstunden. Nur bei Notfällen oder sonstigen außergewöhnlichen Fällen, die für den Arbeitgeber nicht vorhersehbar sind und bei denen der Arbeitnehmer zur Abwehr von Gefahren für den Betrieb oder zum Schutz erheblicher betrieblicher Interessen benötigt wird, muss jeder Arbeitnehmer Überstunden auf Anordnung leisten. Dies ergibt sich aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht. Wenn der Arbeitgeber Überstunden anordnet, dann muss er die beiderseitigen Interessen abwägen. Weigert sich der Arbeitnehmer zulässigerweise angeordnete Überstunden zu leisten, muss er mit einer Abmahnung oder sogar einer Kündigung rechnen.Verhält sich der Arbeitnehmer rechtmäßig, wenn er die Leistung von Überstunden ablehnt, da etwa das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt wurde oder gesetzliche Grenzen zulässiger Arbeit überschritten werden, sind Sanktionen vom Arbeitgeber rechtswidrig. Die Vergütung von Überstunden ist gesetzlich nicht geregelt. Allerdings enthalten Tarifverträge regelmäßig genaue Vergütungsbestimmungen. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, wonach alle anfallenden Überstunden mit der Monatsvergütung abgegolten sind, werden mangels Bestimmtheit meist unwirksam sein. Erforderlich ist eine konkrete Regelung etwa: „Mit der Monatsvergütung sind bis zu zehn Überstunden im Monat abgegolten.“ In der Praxis werden Überstunden oft durch Freizeit ausgeglichen. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, einseitig von einer Überstundenbezahlung zum Freizeitausgleich überzugehen. Der Betriebsrat hat bei der vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen. Dieses Mitbestimmungsrecht besteht in bezug auf die Fragen, ob, in welchem Umfang, wann und von welchem Arbeitnehmer Überstunden geleistet werden sollen.Mehrarbeit dokumentieren Vor dem Arbeitsgericht streiten Arbeitnehmer und Arbeitgeber oft über die Bezahlung von Überstunden, insbesondere nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Hier hat der Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast. Er muss konkret vortragen und notfalls beweisen, wann er welche Überstunden geleistet hat. Dies gilt für jede einzelne Überstunde. Denn der Arbeitgeber muss Überstunden nur dann bezahlen, wenn diese mit seinem „Wissen und Wollen“ geleistet wurden. Fehlt es an einer ausdrücklichen Anordnung, muss der Arbeitnehmer zumindest darlegen, dass die von ihm geleisteten Überstunden sachdienlich waren.