Eine nicht vertragsgemäße Arbeit kann nicht immer abgelehnt werden
2. Juni 2007 - Andreas Dittmann
Grenze der Zumutbarkeit
Chefs können ihre Angestellten nicht einfach kaltstellen, indem sie ihnen gar keine Arbeit geben oder eine Beschäftigung zuweisen, die nicht vertragsgemäß ist. Der Mitarbeiter darf dann seine Arbeitsleistung verweigern. Der Arbeitgeber ist nämlich im Annahmeverzug und muss dem Betroffenen den sogenannten Annahmeverzugslohn zahlen. Es sei denn, der Mitarbeiter unterlässt es böswillig, seine Arbeitskraft in zumutbarer Weise anderweitig einzusetzen.Bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis gilt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (Aktenzeichen: 5 AZR 422/06) eine über das eigentliche Weisungsrecht des Arbeitgebers hinaus zugewiesene Arbeit nicht immer als unzumutbar. Bei der Prüfung kommt es auf die Art der Arbeit an und auf die sonstigen Arbeitsbedingungen, ebenso wie auf die Gründe, weshalb der Arbeitgeber keine vertragsgemäße Beschäftigung anbietet und der Arbeitnehmer die zugewiesene Arbeit ablehnt. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausgesprochen, jedoch bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist eine neue Arbeit zugewiesen. Der klagende Arbeitnehmer hatte auf eine vertragsgemäße Beschäftigung während der Kündigungsfrist bestanden.Das Gericht stellte fest, dass es auf die Abwägung der beiderseitigen Interessen ankomme. Entscheidend sei dabei, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist.Die Unzumutbarkeit kann im Vertrag, in der Person des Arbeitgebers ebenso wie in der Art der Arbeit, dem Einsatzort oder dem Arbeitsplatz begründet liegen. Böswillig handelt jedoch derjenige Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzuges trotz Kenntnis aller Umstände vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert.Das Besondere ist dabei, dass das Gericht mit der Entscheidung seine Rechtsprechung geändert hat. Zuvor galt es nicht als böswillig, wenn der Angestellte eine vom Arbeitgeber unter Überschreitung des Direktionsrechts zugewiesene Tätigkeit ablehnte.Das Gericht betonte nun, dass es wegen der Rücksichtnahmepflichten im Arbeitsverhältnis zumutbar sei, eine nach den Maßstäben des Arbeitsvertrages vertragswidrige Arbeit aufzunehmen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme des Arbeitnehmers hänge davon ab, aus welchen Gründen sein Arbeitgeber ihm keine vertragsgemäße Arbeit anbietet.Begründung verlangenDer Arbeitnehmer muss also von seinem Arbeitgeber eine möglichst umfassende Begründung für die Anweisung einer eigentlich vertragswidrigen Tätigkeit verlangen. Nur so kann der Betroffene letztlich darüber entscheiden, ob es sich dabei um eine zumutbare oder unzumutbare Beschäftigung handelt.