Lügen erlaubt

Arbeitgeber stehen oft vor der Frage, stelle ich eine junge ambitionierte Frau ein, oder doch lieber einen gleich qualifizierten Mann. Letztlich steht hinter dieser Personalentscheidung immer die Möglichkeit der nicht abgeschlossenen Familienplanung und der auch im Zeitalter der Gleichbehandlung de facto immer noch auf der Frau liegende Hauptlast der Kinderbetreuung. Damit einher geht dann die Gefahr des unkalkulierbaren Ausfalls der Mitarbeiterin. Von den Kosten ganz zu schweigen. Falsche BegründungDurch Personalfragebögen, in denen auch nach einer bestehenden Schwangerschaft oder dem Abschluss der Familienplanung mehr oder weniger direkt gefragt wird, versucht der Arbeitgeber insoweit weitergehende Informationen von seiner potenziellen Mitarbeiterin zu erlangen. Meist wird dies damit begründet, dass er diese Fragen wegen der Einhaltung der einschlägigen Mutterschutzvorschriften stellen müsse. Das ist falsch. Grundsätzlich darf nämlich nach bestehenden Schwangerschaft gar nicht erst gefragt werden.Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner früheren Rechtsprechung stets Ausnahmen von diesen Grundsätzen zugelassen. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts war zulässig, wenn ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für eine Tätigkeit ist. Außerdem sei eine geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht gegeben, wenn die Frage nach der Schwangerschaft an alle Bewerberinnen gleichermaßen gerichtet sei. Da diese Auffassung von dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verworfen wurde, reduzierte das BAG seine Rechtsprechung darauf, dass ein Fragerecht nach der Schwangerschaft dann noch gerechtfertigt sei, wenn die angestrebte Tätigkeit wegen der Schwangerschaft überhaupt nicht aufgenommen werden konnte. Nunmehr haben zwei neuere Entscheidungen des EuGH diese Auffassung des BAG erheblich ins Wanken gebracht. Zunächst haben die Obersten Europäischen Richter klargestellt, dass eine Schwangerschaft nur ein vorübergehendes Leistungshindernis ist. Danach hat der EuGH weiter festgeschrieben, dass auch die Berufung auf die einzelstaatlich geltenden Schutzgesetze für Frauen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung kein Grund für ein Fragerecht des Arbeitgebers sei. Die Richter haben ausdrücklich erklärt, dass der spezielle Schutz gegenüber der Gesamtdauer eines unbefristeten Vertrages nur eine verhältnismäßig beschränkte Zeit wirkt. Die durch die Frau in Anspruch genommenen Schutzrechte dürfen sich nicht in ihr Gegenteil umkehren. SchadenersatzansprücheFolglich sollten Fragen nach Schwangerschaften gar nicht mehr gestellt werden. Selbst wenn die Arbeitnehmerin auf eine solche Fragen mit der Unwahrheit antwortet, ist dies kein Grund für die Anfechtung des Vertrages oder eine Kündigung.Nach der aktuellen Rechtslage können Verstöße zu Schadenersatzansprüchen der benachteiligten Arbeitnehmerin bis zu einer Höhe von drei Monatsverdiensten führen.