Frage nach Schwangerschaft ist tabu

Nach der bisherigen Rechtslage war die Frage nach bestehenden Schwangerschaften bei einem Vorstellungsgespräch oder in Personalfragebögen in der Regel unzulässig. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verstößt eine solche Frage gegen das Diskriminierungsverbot. Denn letztlich würde bei einer Einstellungsverweigerung wegen einer bestehenden Schwangerschaft nur Frauen benachteiligt, mithin eine geschlechtsspezifische Diskriminierung realisiert werden. Nach der aktuellen Rechtslage können Verstöße gemäß § 611 a Abs. 2 Satz 1 BGB zu Schadenersatzansprüchen der benachteiligten Arbeitnehmerin bis zu einer Höhe von drei Monatsverdiensten führen. Unterschiedliche BehandlungDas Bundesarbeitsgericht hat in seiner früheren Rechtsprechung stets Ausnahmen von diesen Grundsätzen zugelassen. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts war zulässig, wenn ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für eine Tätigkeit ist. Außerdem sei eine geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht gegeben, wenn die Frage nach der Schwangerschaft an alle Bewerberinnen gleichermaßen gerichtet sei. Da auch diese Auffassung vor dem EuGH keine Bestätigung gefunden hat, reduzierte das BAG seine Rechtsprechung darauf, dass ein Fragerecht nach der Schwangerschaft jedenfalls dann noch gerechtfertigt sei, wenn die angestrebte Tätigkeit wegen der Schwangerschaft überhaupt nicht aufgenommen werden konnte. Nunmehr haben zwei neuere Entscheidungen des EuGH diese Auffassung des BAG erheblich ins Wanken gebracht. Zunächst haben die Obersten Europäischen Richter klargestellt, dass eine Schwangerschaft nur ein vorübergehendes Leistungshindernis ist. Danach hat der EuGH weiter festgeschrieben, dass auch die Berufung auf die einzelstaatlich geltenden Schutzgesetze für Frauen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung kein Grund für ein Fragerecht des Arbeitgebers sei. Die Richter haben ausdrücklich erklärt, dass der spezielle Schutz gegenüber der Gesamtdauer eines unbefristeten Vertrages nur eine verhältnismäßig beschränkte Zeit wirkt. Die durch die Frau in Anspruch genommenen Schutzrechte dürfen sich nicht in ihr Gegenteil umkehren. Keine Stellungnahme vom BAGSomit bleibt festzustellen, dass Fragen nach einer bestehenden Schwangerschaft bei Einstellungen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis stets unzulässig sind. Anders liegt der Fall bei einer befristeten Stelle. Denn der EuGH hat für die Begründung seiner Auffassung gerade darauf abgestellt, dass die Dauer der Leistungsverhinderung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nicht so schwerwiegend ist. Das BAG hat sich zu den neuen Entscheidungen noch nicht geäußert.