Gesetzesänderungen bringen Rechtssicherheit. Sie garantieren, was wirklich in der Lohntüte stecken muss
20. Juni 2009 - Andreas Dittmann
Neue Regeln für den Mindestlohn
Anfang des Jahres haben große Koalition und Bundesrat das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) und das Mindestarbeitsbedingungengesetz (MiArbG) neu gefasst. Sie gewähren Mitarbeitern im Bauhaupt- sowie -nebengewerbe, im Gebäudereinigerhandwerk und dem Bereich der Briefdienstleistungen nun Mindestarbeitsbedingungen. Arbeitgeber sind nun verpflichtet, die tariflichen Arbeitsbedingungen zu erfüllen und ihren Mitarbeitern zum Beispiel ein Mindestentgelt zu zahlen.Umstritten war, ob das alte Gesetz es zuließ, Mindestlöhne durch konkurrierende Tarifverträge zu unterbieten. Das Problem trat erstmals auf, als die Briefzustellungsbranche Anfang 2008 in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen wurde. Die damals neu gegründete Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) unterbot den für die gesamte Branche verbindlichen Mindestlohn durch einen anderen Tarifvertrag. Das alte Gesetz sah für einen solchen Fall keine eindeutige Regelung vor. Daher bestand Rechtsunsicherheit, wie mit der grundgesetzlich garantierten Tariffreiheit einerseits und dem Interesse an einer angemessenen Mindestlohnregelung andererseits umgegangen werden sollte. In der Folge kam es zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten.Inzwischen hat das Landesarbeitsgericht Köln festgestellt, dass die GNBZ nicht tariffähig ist: Der Vorstand der Gewerkschaft bestehe überwiegend aus dem Leitungspersonal von Unternehmen der privaten Zustellbranche; die Arbeitgeberseite habe in erheblichem Umfang die Mitgliederwerbung übernommen und die GNBZ mit finanziellen Zuwendungen unterstützt. Die von ihr geschlossenen Tarifverträge seien Gefälligkeitstarifverträge.Die nachgebesserten Gesetze lösen den Konflikt zwischen den konkurrierenden Verträgen. Danach ist ein für die Branche wirksamer Tarifvertrag vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn der Arbeitgeber an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist. Abweichend hierzu enthält das MiArbG eine beschränkte Öffnungsklausel für Tarifverträge, die vor dem 16. Juli 2008 abgeschlossen wurden, sowie deren Folgetarifverträge. Sie dürfen einen Mindestlohn unterbieten. Für Tarifverträge, die die Voraussetzungen der Öffnungsklausel nicht erfüllen, die also nach dem Stichtag abgeschlossen wurden und keine Folgetarifverträge sind, gilt die Normenhierarchie, wobei der gesetzlich festgelegte Mindestlohn als höherrangige Norm gilt. Höhere Tariflöhne bleiben im Übrigen uneingeschränkt möglich.