Grundsätzlich ist geringer Wert der gestohlenen Sachen keine Entschuldigung
9. April 2005 - Andreas Dittmann
Jeder Diebstahl am Arbeitsplatz ist Kündigungsgrund
Eine außerordentliche Kündigung ist für Arbeitgeber oder Arbeitnehmer nur dann zulässig, wenn für die Kündigung ein wichtiger Grund im Sinne des Paragrafen 626 BGB vorliegt. Die außerordentliche Kündigung wird daher auch fristlose Kündigung genannt, da ein wichtiger Grund dazu berechtigen kann, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu beenden. Sie ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – wie alle Kündigungen – das letzte Mittel, zu dem der Kündigende greifen darf.Als Kündigungsgrund kommen wie bei der ordentlichen Kündigung alle personen- oder verhaltens- und betriebsbedingten Anlässe in Betracht, wobei eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung nur in Ausnahmefällen in Frage kommen wird. Regelmäßig werden mit einer fristlosen Kündigung schwerwiegende verhaltensbedingte Sachverhalte wie zum Beispiel Straftaten gegen den Arbeitgeber oder beharrliche Verstöße gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen sanktioniert. Nach Kenntnis des Arbeitgebers von den maßgeblichen Tatsachen muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist die außerordentliche Kündigung schon aus diesem Grund unwirksam.Der Diebstahl von Sachen, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen, ist grundsätzlich immer geeignet, einen Grund zur fristlosen Kündigung zu geben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es hierbei nicht auf den Wert des entwendeten Gegenstandes an. In einem Fall hatte das BAG die Kündigung einer Verkäuferin für gerechtfertigt gehalten, die sich entgegen der Anweisungen des Arbeitgebers mit einem Stück Bienenstich im Wert von – damals – einer Mark „selbst bedient“ hatte. Diese Rechtsprechung wurde nunmehr vom BAG bestätigt (Aktenzeichen: 2 AZR 36/03). In diesem Falle hatte die Arbeitnehmerin schon abgeschriebene Waren (nämlich 62 Minifläschchen Alkoholika und zwei angebrochenen Rollen Küchenpapier) versucht zu entwenden. Das BAG hat dazu festgestellt, dass die Verletzung des Eigentums oder Vermögens des Arbeitgebers nicht nur – wie von der Vorinstanz angenommen – „unter Umständen“, sondern stets als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich geeignet ist.Abwägung der InteressenDie Würdigung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls kann aber zur Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung führen. Erst im Rahmen einer Interessenabwägung kann auch der Wert der Waren eine Rolle spielen.Abzuwägen sind dabei die Art, Schwere und Folgen der dem Arbeitnehmer vorgeworfenen Verfehlung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Frage, ob es bis dahin bereits ungestört verlaufen ist. Im vorliegenden Fall war maßgeblich, dass die Entscheidung, zu welchem Zweck abgeschriebene Ware noch verwendet werden kann, Sache des Betriebsinhabers ist.