Kündigung darf nicht willkürlich ausgesprochen werden
19. Juli 2003 - Andreas Dittmann
Mindestmaß an Rücksichtnahme in Kleinbetrieben
Betriebe mit nicht mehr als fünf Arbeitnehmern gelten als Kleinbetriebe. Auszubildende werden dabei nicht mitgezählt, wohl aber Teilzeitkräfte. Diese Firmen genießen in Hinsicht auf den Kündigungsschutz eine arbeitsrechtliche Sonderstellung. Dies bedeutet, dass die klassische Kündigungsschutzklage nicht erhoben werden kann. Mit ihr soll die fehlende soziale Rechtfertigung einer Kündigung festgestellt werden. Im Normalfall gilt daher, dass der Inhaber eines Kleinbetriebes ohne besondere Beschränkungen aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen seinen Mitarbeitern kündigen kann. Diese Entlassungen sind in der Regel wirksam, sofern die Kündigungsfrist eingehalten wurde. Damit einher geht, dass bei betriebsbedingten Kündigungen eine Sozialauswahl im Detail nicht durchzuführen ist.Jedoch sind bei jeder Kündigung die Grundsätze von Treu und Glauben vom Arbeitgeber zu berücksichtigen. Denn auch bei Kündigungen, die außerhalb des Anwendungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes ausgesprochen werden, sollen die Arbeitnehmer nicht vollkommen schutzlos gestellt sein. Es ist deren im Grundgesetz verbrieftes Recht auf freie Berufswahl und -ausübung zu beachten (Artikel 12 GG). Somit sind auch Kleinbetriebsinhaber verpflichtet, ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu beachten, bevor sie eine Kündigung aussprechen. Beim Mindestkündigungsschutz geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Der betroffene Arbeitnehmer muss im Rahmen einer gegen diese Kündigung gerichtete Klage dem Gericht unmittelbar darlegen, dass er mit nicht gekündigten Arbeitnehmern auf den ersten Blick vergleichbar ist. Wenn der Arbeitgeber den offensichtlich Schutzwürdigen zuerst entlässt, kann die Kündigung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben unwirksam sein.Der Arbeitgeber kann aber, entgegen den Regeln einer ordentlichen Kündigungsschutzklage, diverse spezifische Eigeninteressen vortragen. So kann für einen Kleinbetrieb durchaus ein Argument sein, dass ein nicht gekündigter Mitarbeiter wesentlich weniger Einkommen erhält. Hat der Arbeitgeber aber keine solche Überlegung angestellt, muss er das Mindestmaß an Rücksichtnahme walten lassen und den evident vergleichbaren, sozial stärken Arbeitnehmer zuerst kündigen.
Fristen beachten
Unabhängig davon ist bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist auch eine Kündigung für einen Mitarbeiter eines Kleinbetriebes vor dem Arbeitsgericht per Klage angreifbar. Gleiches gilt, wenn die Kündigung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung ausgesprochen wurde. Ist sich ein Arbeitnehmer nicht sicher, ob er in einem Kleinbetrieb arbeitet, ist vorsichtshalber binnen drei Wochen seit Zugang der Kündigung bei dem zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage zu erheben, um nicht die besondere Schutzwirkung des Kündigungsschutzgesetzes zu verlieren.