Nur bei dringendem Verdacht darf der Chef ein Arbeitsverhältnis sofort beenden
13. Dezember 2008 - Andreas Dittmann
Fristlos entlassen
Da der Arbeitgeber nicht alle Mitarbeiter ständig überwachen kann, spielt das Vertrauen in die Redlichkeit der Beschäftigten eine bedeutende Rolle. Sieht sich der Arbeitgeber darin getäuscht, hat er das Recht, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Das Recht auf die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht nicht nur, wenn ein Arbeitnehmer nachweislich eine strafbare Handlung begangen hat. Bereits der Verdacht auf eine strafbare oder vertragswidrige Handlung reicht aus. Ein solcher Verdacht ist der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zufolge ein eigenständiger Kündigungsgrund. Bezüglich solcher verhaltensbedingter fristloser Kündigungen geht es um die Frage des (noch) bestehenden Vertrauens in die Redlichkeit des Arbeitnehmers.
Da aufgrund einer solchen Verdachtskündigung ein Unschuldiger seinen Arbeitsplatz verlieren könnte, ist sie nur eingeschränkt und unter strengen Voraussetzungen möglich: Der Verdacht muss sich aus objektiven, zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tatsachen ergeben. Aus Sicht des Gerichts ist dabei entscheidend, ob die Anhaltspunkte einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu einer Kündigung veranlassen würden. Außerdem muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der beschuldigte Arbeitnehmer die vertragsverletzende Handlung tatsächlich begangen hat. Die Vertragsverletzung muss zudem ein erhebliches Gewicht haben und als bewiesene Tat eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber alles zur Aufklärung des Sachverhalts Zumutbare getan haben, bevor er den betreffenden Angestellten entlässt. Er muss dem beschuldigten Mitarbeiter darüber hinaus die Gelegenheit geben, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen.
Zunächst hat der Chef also die Pflicht, den Beschäftigten mit den Vorwürfen zu konfrontieren und ihm die Möglichkeit einzuräumen, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Dabei muss der Tatbestand so konkretisiert werden, dass der Beschuldigte sich detailliert darauf einlassen kann. Tut er dies, muss der Vorgesetzte den neuen Anhaltspunkten, die sich daraus möglicherweise ergeben, nachgehen. Bleiben nach der Anhörung Zweifel, muss der Arbeitgeber die Personen, die an dem Vorgang beteiligt waren oder Kenntnis davon haben, ebenfalls anhören. Unterlässt er das oder hört er nur einen Teil der infrage kommenden Mitarbeiter an, genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht. Das macht die Kündigung letztendlich unwirksam. Eine schuldhafte Verletzung der Anhörungspflicht liegt jedoch nicht vor, wenn der Arbeitnehmer selbst nicht bereit ist, sich zu den Verdachtsmomenten zu äußern. Das gilt auch, wenn er durch sein späteres Verhalten die Annahme des Arbeitgebers bestätigt, er sei zu einer Äußerung nicht bereit gewesen.