Klagefrist beachten Neue Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen
Mit der Erneuerung des Kündigungsschutzgesetzes ab dem 1. April 2004 haben fast die gleichen Regelungen, die schon einmal bis Ende 1998 für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen galten, eine Renaissance erfahren. Nunmehr müssen wieder die Kriterien Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten zwingend Grundlage jeder Sozialauswahl sein. Neues Kriterium ist das der Schwerbehinderung, das explizit aufgenommen worden ist. Es besteht wieder die Möglichkeit der Aufstellung von Namenslisten im Rahmen eines Interessenausgleiches. Als Konsequenz der vorgenommenen Begrenzung der Sozialauswahlkriterien ist den Betriebs- bzw. Tarifparteien die Möglichkeit genommen worden, durch eine Vereinbarung eine andere Begrenzung der Sozialauswahl auf bestimmte Kriterien vorzunehmen. Wichtig ist, dass seit dem 1. Januar 2004 die Drei-Wochen-Frist für Klagen ausgedehnt wurde. Sie gilt nicht nur, wenn man geltend machen möchte, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt ist, sondern nun auch für alle Unwirksamkeitsgründe, also auch solche außerhalb des Kündigungsschutzgestzes (KSchG). Das Alter ist leicht zu ermitteln. Für die Dauer der Betriebszugehörigkeit wird dagegen nicht allein auf die Zeitspanne des aktuellen Arbeitsverhältnisses abgestellt. Nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist auch eine frühere Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber anzurechnen, wenn das neue Arbeitsverhältnis in engem sachlichen Zusammenhang mit dem früheren steht. Als Unterhaltspflichten sind alle zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestehenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu berücksichtigen, wozu auch solche gegenüber pflegebedürftigen Eltern und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern zählen, sofern mit diesen eine gesetzliche Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz besteht. Unterhaltsleistungen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bleiben dagegen unberücksichtigt. Der Umstand, dass der Mitarbeiter in einer Doppelverdienerehe lebt, ist kein Grund für eine Schlechterstellung in der Sozialauswahl. Soweit künftig auch die Schwerbehinderung zu berücksichtigen ist, kommt es auf die Begriffsbestimmung im Sozialgesetzbuch an. Obwohl der Wortlaut des KSchG hierzu keine klare Aussage trifft, sind laut Rechtsprechung behinderte Menschen, die Schwerbehinderten gleichgestellt sind, entsprechend geschützt. Grobe FehlerWie die sozialen Auswahlkriterien gewichtet werden, kann in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden. Wird die Sozialauswahl vergleichbarer Arbeitnehmer auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung vorgenommen, kann sie nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Diese liegt nach der Rechtsprechung dann vor, wenn die Gewichtung der sozialen Kriterien jede Ausgewogenheit vermissen lässt. Dazu müssen so erhebliche Fehler vorliegen, dass nicht mehr ernsthaft von einer Auswahl unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gesprochen werden kann.