Unterschiede bei Sonderzuwendungen müssen einen sachlichen Grund haben
29. Oktober 2005 - Andreas Dittmann
Ungleiche Höhe beim Weihnachtsgeld
Jeder Arbeitnehmer freut sich, wenn er Weihnachtsgeld erhält. Viele wissen aber nicht, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber diese Sonderzuwendung überhaupt leisten muss. Beim Weihnachtsgeld handelt es sich um eine Sonderzahlung in Form einer so genannten Gratifikation, die in der Regel eine Belohnung für die erbrachte Betriebstreue darstellt, zum anderen aber auch ein Anreiz für die Zukunft sein soll. Es kann ein Rechtsanspruch auf Auszahlung dieser Sonderzuwendung bestehen. Dies wäre der Fall, wenn es eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag gibt oder aber eine tarifvertragliche Regelung, eine Betriebsvereinbarung, die betriebliche Übung sowie die Pflicht, Mitarbeiter gleich zu behandeln.Meistens besteht im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Klausel, der zufolge der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Auszahlung nur dann hat, wenn er etwa zu einem bestimmten Stichtag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht und nicht bis zum 31.3. des Folgejahres aus dem Unternehmen ausscheidet. Klauseln dieser Art werden Rückzahlungsklauseln genannt. Sofern sie eindeutig formuliert sind, bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken. Erforderlich ist, dass der Zeitraum der Bindung sowie die Höhe dessen, was zurückgezahlt werden muss, klar geregelt sind. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sieht vor, dass bei einem Weihnachtsgeld bis zu einer Höhe von 100 Euro ein Rückzahlungsvorbehalt unzulässig ist. Über 100 Euro bis zu einem Monatsgehalt ist eine Bindung bis zum 31. März des Folgejahres zumutbar. Ab einer Höhe von einem ganzen Monatsgehalt ist sogar eine längere Bindungsfrist möglich. Wird eine zu lange Rückzahlungsfrist vereinbart, ist diese ebenfalls unwirksam. Ist eine rechtlich zulässige Bindungsfrist vereinbart und hält sich der Arbeitnehmer nicht daran, dann muss er die erhaltene Weihnachtsgratifikation komplett zurückzahlen oder der Arbeitgeber kann sie von restlichen Lohnansprüchen einbehalten.Ein Unternehmen darf grundsätzlich Angestellten ein höheres Weihnachtsgeld zahlen als Arbeitern. Dafür seien aber sachliche Gründe nötig, wie etwa die Bindung wichtiger Kräfte an die Firma, entschied das BAG. In dem verhandelten Fall unterlag ein fränkisches Unternehmen nach zwei Erfolgen in den Vorinstanzen, weil es die Unterschiede nur mit der höheren Qualifikation der Angestellten begründet hatte. Dies sei kein sachlicher Grund, entschieden die Richter (Aktenzeichen: 10 AZR 640/04).Bindung von LeistungsträgernEin Gießerei-Arbeiter hatte geklagt, weil er wie die anderen Arbeiter nur 55 Prozent eines Monatslohns als Weihnachtsgeld bekam, die Angestellten dagegen ein volles Monatsgehalt. In dem Unternehmen ist das Weihnachtsgeld eine freiwillige Leistung der Firma. Abweichungen vom Grundsatz der Gleichbehandlung müssten mit dem Zweck der Leistung begründet werden, entschied das BAG. Sachlich gerechtfertigt wäre es, damit Kräfte stärker an das Unternehmen zu binden, wenn Angestellte im Vergleich zu Arbeitern schwerer oder nicht auf dem Arbeitsmarkt zu finden seien.