Wer vorzeitig geht, muss zahlen

Das Bundesarbeitgericht hat in seiner früheren Rechtsprechung anerkannt, dass gegen Vertragsstrafenklauseln zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts einzuwenden sei. Die Umsetzung fand in der Regel durch die Verwendung Allgemeiner Vertrags- oder Geschäftsbedingungen (AGB) statt. Hintergrund dieser Auffassung war das berechtigte Interesse des Arbeitgebers, die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Pflichten zu sichern. Zudem konnte so eine in der Praxis große Hürde, nämlich die Darlegung eines konkreten Schadens durch den Arbeitgeber bei einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, ausgeräumt werden. Insbesondere bei vorzeitiger Kündigung oder Nichtantritt von bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen hatte der Arbeitgeber keine Handhabe gegen den vertragsbrüchigen Mitarbeiter.Strengere RegelnVor zwei Jahren wurde die Regeln verschärft. Nach dem Gesetz ist nun eine Bestimmung unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich von dem Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe ver-sprochen wird. Für Arbeitsverträge sollten jedoch die arbeitsrechtlichen Besonderheiten berücksichtigt werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung (Aktenzeichen: 8 AZR 196/03) festgestellt, dass es solche Vertragstrafen im Arbeitsrechts nicht für prinzipiell unzulässig hält. Als Besonderheit des Arbeitsrechts hat das Gericht aber den Umstand angesehen, dass ein Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung nicht im Wege der Zwangsvollstreckung herangezogen werden kann. In dem Fall hatte die Arbeitgeberin mit der Arbeitnehmerin am 23. Januar 2002 einen Arbeitsvertrag geschlossen. Danach sollte diese ab dem 1. März 2002 als Fachverkäuferin tätig werden. In dem Arbeitsvertrag war geregelt, dass sie eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zu zahlen hat, wenn sie ihr Arbeitsverhältnis nicht antritt oder vertragswidrig löst. Die Kündigung vor Dienstantritt war vertraglich ausgeschlossen; in der Probezeit betrug die Kündigungsfrist zwei Wochen. Die Arbeitnehmerin teilte noch vor Arbeitsaufnahme mit, dass sie ihre Tätigkeit nicht beginnen werde. Die Arbeitgeberin verlangte daraufhin die Zahlung der Vertragsstrafe.Unangemessene NachteileDas BAG hat zwar die Vertragsstrafenabrede für grundsätzlich wirksam erachtet, im Fall jedoch der Arbeitgeberin nicht Recht gegeben. Vertragsstrafenversprechen, die den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, sind unwirksam. Diese Unangemessenheit kann auch in einem Missverhältnis zwischen der Pflichtverletzung und der Höhe der Vertragsstrafe begründet sein. Demgemäss ist eine Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeit angesichts einer zweiwöchigen Kündigungsfrist in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts zu hoch. Dies führt zur Unwirksamkeit der Regelung, eine Herabsetzung ist nicht möglich. Zu der Frage, welche Höhe angemessen ist, hat sich dass Gericht nicht geäußert.