Vor Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages Bedenkzeit verlangen
6. September 2003 - Andreas Dittmann
Was tun, wenn der Chef mit einer Kündigung droht?
Erhält ein Arbeitnehmer eine Kündigung, so herrscht zunächst meist Wut und Enttäuschung. In dieser Phase ist die Gefahr sehr groß, dass der Arbeitgeber seine strategisch bessere Position ausnutzt. Nicht selten werden fadenscheinige oder unberechtigte Gründe vorgebracht und der Arbeitnehmer durch einen unberechtigten Straftatvorwurf und Schadenersatzforderungen massiv unter Druck gesetzt. Wenn der Arbeitnehmer mit den Nerven am Ende ist, kommt überraschend die zweite Phase. Der Arbeitgeber bietet die Auflösung des Arbeitsverhältnisses an. Das Motto lautet dann: „Entweder Sie unterschreiben diesen Aufhebungsvertrag oder wir kündigen.“ Jetzt heißt es für den Betroffenen, äußerste Vorsicht walten zu lassen. Der schlimmste Fehler, den der Arbeitnehmer machen kann, ist, sich überstürzt auf einen Aufhebungsvertrag einzulassen.
Der Arbeitgeber hat die Situation meist im Voraus genau durchdacht und befindet sich deshalb immer in der besseren Ausgangsposition. Dagegen ist der Arbeitnehmer überrumpelt und aufgeregt und kann in dieser Situation nicht alle Folgen einer Entscheidung übersehen. Deshalb sollte immer eine Bedenkzeit von ausreichender Länge verlangt werden. In dieser Zeit kann notwendiger Rechtsrat eingeholt werden. Viele Kündigungen sind bereits deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Formalien nicht beachtet hat. So bergen etwa die Sozialauswahl und die Betriebsratsanhörung für den Arbeitgeber eine Vielzahl von Fallen. Der Rechtsanwalt sollte abschätzen, ob eine außergerichtliche Einigung in Form eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung einer Abfindung möglich ist. Einen gesetzlichen Wahlanspruch auf eine Abfindung gibt es aber entgegen verbreiteter Ansicht nicht.
Ein solcher Anspruch ist im Rahmen der Gesetzgebungsvorhaben zwar in der Diskussion, aber noch nicht umgesetzt. Nur wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass eine Weiterbeschäftigung für eine der Parteien unzumutbar ist, ist ein Abfindungsanspruch möglich. Sollten sich die Parteien nicht außergerichtlich einigen können, so muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage erhoben werden. Das Arbeitsgericht wird dem Arbeitgeber die Klage zustellen und innerhalb weniger Wochen eine Güteverhandlung ansetzen. Sie dient dazu, nach Möglichkeit eine Einigung der Parteien mit Hilfe des Gerichts zu erreichen. Wachsendes Risiko Kommt es zu keiner Einigung, wird der Arbeitsrichter einen weiteren Termin zur streitigen Verhandlung bestimmen, der allerdings erst mehrere Monate später stattfinden wird. Hiermit wächst für den Arbeitgeber das Risiko, dass er die Arbeitsvergütung für den Arbeitnehmer nachzahlen muss, wenn das Arbeitsgericht später die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen sollte. In diesen Fällen wächst meist auch die Verhandlungsbereitschaft. Ist allerdings die Ausgangssituation des Arbeitnehmers zweifelhaft, weil etwa ein anerkannter Kündigungsgrund vorliegt und zudem das Arbeitslosengeld auf Dauer nicht ausreicht, wird der Arbeitnehmer seine Vorstellungen über eine Abfindung revidieren müssen.