Welche formalen Regeln bei Arbeitszeugnissen gelten
16. Juni 2001 - Karl
Schreibfehler muss man nicht hinnehmen
Bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zeugnis. Wenn ein triftiger Grund vorliegt, besteht dieser Anspruch auch auf ein Zwischenzeugnis. Nach der gesetzlichen Regelung gibt es ein einfaches Zeugnis, das über das Dienstverhältnis und dessen Dauer zu erteilen ist. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Chef jedoch auch ein so genanntes „qualifiziertes Zeugnis“ schreiben, das die Leistungen und die Führung des Arbeitnehmers berücksichtigt. Laut Rechtsprechung muss das Zeugnis von einem „verständigen Wohlwollen“ gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein, darf ihm das weitere Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren. Im einfachen Zeugnis muss neben den Personaldaten eine vollständige und genaue Tätigkeitsbeschreibung enthalten sein. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat oder der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dürfen nur auf Wunsch des Arbeitnehmers enthalten sein.
Geheimsprache unzulässig
Beim qualifizierten Zeugnis hat der Arbeitgeber eine zusammenfassende Beurteilung über die Qualität der Erledigung der Aufgaben zu erstellen. Eine solche Beurteilung eröffnet einen Spielraum für den Arbeitgeber, der insoweit beschränkt wird, als dass das Zeugnis einheitlich, vollständig und genau, insbesondere aber wahr sein muss. Es muss daher die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses erfassen und darf nicht einzelne untypische Vorfälle herausheben. Formal muss das Zeugnis auf dem ungeknickten Geschäftspapier erstellt werden. Es darf keine Schreib- oder Grammatikfehler enthalten und muss von einem Vorgesetzten unterzeichnet sein. Sollte das Zeugnis den Vorgaben nicht genügen, so hat der Arbeitnehmer einen Berichtigungsanspruch, der bewirkt, dass das Zeugnis komplett neu auszustellen ist. Die Beweislast ist so verteilt, das grundsätzlich ein Anspruch auf ein durchschnittliches Zeugnis besteht. Bessere Leistungen muss der Arbeitnehmer, schlechtere der Arbeitgeber beweisen.
Allgemein bekannt ist, dass sich eine spezielle Zeugnissprache herausgebildet hat, die sich an Schulnoten orientiert. „Wir waren mit seiner Leistung außerordentlich zufrieden“ entspricht einer Eins, die Formulierung „Frau Müller hat die Arbeiten im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt“ kommt einer Fünf gleich. Weiterhin ist öfter von einer so genannten Geheimsprache die Rede. So deutet etwa der Satz „Er zeigte gutes Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft“ auf die ständige Suche nach sexuellen Kontakten im Betrieb hin. Eine derartige Geheimsprache ist in Zeugnissen jedoch unzulässig und sollte daher von Arbeitgebern nicht benutzt werden. Ansonsten müssen sie mit Schadenersatzklagen rechnen. Arbeitnehmer sollten, wenn Sie sich unsicher fühlen, entsprechende Formulierungen überprüfen lassen.