Welche Regeln bei einer Verdachtskündigung gelten
2. Juni 2001 - Andreas Dittmann
Nachweis des Verschuldens ist nicht nötig
Nicht nur eine nachgewiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung oder einer anderen schwerwiegenden Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten kann eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen. Im Gegensatz zur so genannten Tatkündigung (etwa bei Diebstahl oder Betrug) wird die Verdachtskündigung von den Arbeitsgerichten als personenbedingte Kündseines Mitarbeiters nicht nachweisen muss. Denn allein durch den Tatverdacht ist die Eignung des Arbeitnehmers zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistung entfallen, weil er nicht mehr das erforderliche Vertrauen seines Chefs für die weitere Zusammenarbeit genießt.Es gilt hierbei, im Rahmen einer Abwägung aller Faktoren die strafrechtliche Unschuldsvermutung und das Interesse des Beschäftigten am Erhalt seines Jobs zu schützen. Andererseits ist auch das Interesse eines Chefs an einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit einem unlauteren Mitarbeiter schützenswert. Bei der Abwägung beider Positionen ist die Verdachtskündigung nur dann zulässig, wenn der Chef alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung unternommen hat und objektive Tatsachen einen dringenden Tatverdacht begründen. Dabei muss der Verdacht als Grund für die Kündigung so stark das Vertrauensverhältnis belasten, dass im Falle der tatsächlichen Begehung ein außerordentliche Kündigung gerechtfertigt wäre.Anhörung notwendig Der Verdacht darf aber nicht nur für den Arbeitgeber selbst eindeutig sein. Auch aus objektiver Sicht muss es sehr wahrscheinlich erscheinen, dass der Beschäftigte die Tat begangen hat. Dann kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass das Vertrauensverhältnis auch zukünftig unwiderruflich zerstört ist.Um dies herauszufinden, muss der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung dem Mitarbeiter die Gelegenheit geben, den gegen ihn gerichteten Verdacht zu entkräften. Allerdings reicht es dabei nicht aus, den Arbeitnehmer nur mit dem Verdacht zu konfrontieren. Der Sachverhalt muss so weit konkretisiert sein, dass der Arbeitnehmer sich darauf im Einzelnen einlassen kann.Dem Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf Wiedereinstellung haben, wenn seine Unschuld erst nach Ablauf eines Kündigungsschutzprozesses nachgewiesen ist. Laut Bundesarbeitsgericht sind für den erfolgreichen Unschuldsnachweis ebenfalls äußerst strenge Voraussetzungen zu erfüllen, denn die strafrechtliche Beurteilung ist für den Arbeitsrichter nicht bindend. Die Einstellung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens führt nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit der Verdachtskündigung. Schließlich geht es dabei um schwerwiegende Beeinträchtigungen im Vertrauensbereich.