Wert der entwendeten Sache spielt keine Rolle
20. Dezember 2003 - Karl
Fristlose Kündigung bei Diebstahl
Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können außerordentlich kündigen. Dies ist für beide allerdings nur dann zulässig, wenn für die Kündigung ein wichtiger Grund vorliegt. Die außerordentliche Kündigung wird auch fristlose Kündigung genannt, da ein entsprechender Grund dazu berechtigen kann, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist zu beenden. Sie ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts – wie alle Kündigungen – das letzte Mittel, zu dem der Kündigende greifen darf. Als Kündigungsgrund kommen wie bei der ordentlichen Kündigung alle Anlässe in Betracht, die personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt sind. Eine betriebsbedingte, außerordentliche Kündigung kommt dabei nur in Ausnahmefällen in Frage. In der Regel werden mit einer fristlosen Kündigung schwerwiegende verhaltensbedingte Sachverhalte wie zum Beispiel Straftaten gegen den Arbeitgeber oder beharrliche Verstöße gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen sanktioniert. Nach Kenntnis des Arbeitgebers von den maßgeblichen Tatsachen muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist die außerordentliche Kündigung schon aus diesem Grund unwirksam.Der Diebstahl von Sachen, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen, ist grundsätzlich immer geeignet, einen Grund zur fristlosen Kündigung zu geben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es hierbei nicht auf den Wert des entwendeten Gegenstandes an. In einem Fall hatte das BAG die Kündigung einer Verkäuferin für gerechtfertigt gehalten, die sich entgegen der Anweisungen des Arbeitgebers mit einem Stück Bienenstich im Wert von 50 Cent bedient hatte. Diese Rechtsprechung wurde nunmehr vom BAG bestätigt (Aktenzeichen: 2 AZR 36/03). In diesem Falle hatte die Arbeitnehmerin versucht, schon abgeschriebene Waren (62 Minifläschchen Alkoholika und zwei angebrochene Rollen Küchenpapier) zu entwenden. Das BAG hat dazu festgestellt, dass die Verletzung des Eigentums oder Vermögens des Arbeitgebers nicht nur – wie von der Vorinstanz angenommen – unter Umständen, sondern stets ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist. Die Würdigung, ob dem Arbeitgeber deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder der vertragsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist, kann zur Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung führen. InteressenabwägungErst im Rahmen dieser Interessenabwägung spielt der Wert der Waren eine Rolle. Im vorliegenden Fall war maßgeblich, dass die Entscheidung, zu welchem Zweck abgeschriebene Ware noch verwendet werden kann, Sache des Betriebsinhabers ist. Selbst wenn er grundsätzlich bereit ist, derartige Waren an die Angestellten zu verschenken, handeln diese grob vertragswidrig, wenn sie sie ohne Genehmigung einfach wegnehmen. Jeder Arbeitnehmer muss also davon ausgehen, dass er mit einem selbst nur versuchten Diebstahl oder einer Unterschlagung auch geringwertiger Sachen im Betrieb seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt.